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Mehr Handlungsspielraum und mehr Verantwortung: Die Schweizer Erbrechtsrevision per 01.01.2023

12/10/2021

Mehr Handlungsspielraum und mehr Verantwortung: Die Schweizer Erbrechtsrevision per 01.01.2023

Auf den 1. Januar 2023 wird die Revision des Erbrechts in der Schweiz in Kraft treten. Der Gesetzgeber hatte bei der Erbrechtsrevision hauptsächlich die Erhöhung des Handlungsspielraums zur Regelung des Nachlasses für den Erblasser im Fokus.

Drei der wichtigsten Themen der Revision des Erbrechts sind:

  • Änderung der Pflichtteile
  • Verlust des Pflichtteils während einem hängigen Scheidungsverfahren
  • Erhöhung der verfügbaren Quote bei Nutzniessung (Meistbegünstigung des überlebenden Ehegatten)

Mit den vorgenannten Änderungen erhält der Erblasser tatsächlich mehr Handlungsspielraum. Damit wird jedoch auch die Verantwortung des Erblassers für die Regelung des Nachlasses erhöht. Der vorliegende Beitrag gibt einen kurzen Überblick zu diesen wichtigsten Änderungen und Antworten auf zwei sich stellende Fragen.

Pflichtteile

Zu den gesetzlichen Erben gehören die Nachkommen, der Ehepartner/der eingetragene Partner sowie die Eltern des Erblassers. Der Pflichtteilsschutz der Eltern des Erblassers wurde mit der Erbrechtsrevision aufgehoben.

Neu sind ab dem 01.01.2023 folgende gesetzlichen Erben pflichtteilsgeschützt:

  • Ehegatte / eingetragene Partnerin und eingetragener Partner2
  • Nachkommen

Nicht pflichtteilschützt sind:

  • Eltern
  • Geschwister
  • Grosseltern

Die Höhe der Pflichtteile im Verhältnis zum gesetzlichen Erbanspruch stellt sich ab 01.01.2023 wie folgt dar:

Mit der Reduktion der Pflichtteile der Nachkommen und dem Wegfall des Pflichtteils der Eltern kann der Erblasser im grösseren Umfang über seinen Nachlass verfügen und für die freie Quote entweder zusätzlich den gesetzlichen Erben (z.B. Ehegatten, Nachkommen, Eltern) oder Dritten einen Vermögensvorteil zukommen lassen.

Die freie verfügbare Quote im Verhältnis zum Nachlass, über die der Erblasser verfügen kann, beträgt ab dem 01.01.2023:

Durch die Änderung hat der Erblasser in den verschiedenen familiären Konstellationen ab dem 01.01.2023 neu folgende Möglichkeiten über seinen Nachlass zu verfügen:

Der Erblasser ist verheiratet und hat Nachkommen: Der Erblasser kann weiterhin nur eingeschränkt über seinen Nachlass verfügen, denn Ehepartner und Nachkommen sind pflichtteilsgeschützt. Die frei verfügbare Quote beträgt jedoch neu 1/2 statt 3/8 des Nachlasses.

Der Erblasser ist verheiratet, hat keine Nachkommen, aber hinterlässt Eltern: Der Erblasser kann nur eingeschränkt über seinen Nachlass verfügen, denn der Ehepartner ist pflichtteilsgeschützt. Die frei verfügbare Quote beträgt neu 5/8 statt 1/2 des Nachlasses, da der Pflichtteil der Eltern entfällt.

Der Erblasser ist nicht (mehr) verheiratet und hat Nachkommen: Der Erblasser kann nur eingeschränkt über seinen Nachlass verfügen, denn die Nachkommen sind pflichtteilsgeschützt. Da der Pflichtteil der Nachkommen reduziert wurde, beträgt die frei verfügbare Quote neu 1/2 statt bisher nur 1/4 des Nachlasses.

Der Erblasser ist nicht (mehr) verheiratet und hat keine Nachkommen: Der Erblasser kann neu vollumfänglich frei über seinen Nachlass verfügen, da der Pflichtteil der Eltern entfällt.

Der Erblasser befindet sich in einem hängigen Scheidungsverfahren vor Gericht und hat keine Nachkommen: Der Erblasser kann neu über seinen Nachlass frei verfügen, denn der Ehegatte ist in dieser Konstellation nicht mehr pflichtteilsgeschützt (vgl. dazu sogleich unten).

Der Erblasser befindet sich in einem hängigen Scheidungsverfahren vor Gericht und hat Nachkommen: Der Erblasser kann nur eingeschränkt über seinen Nachlass verfügen, denn die Nachkommen sind pflichtteilsgeschützt. Der Ehegatte ist neu jedoch nicht mehr pflichtteilsgeschützt und der Pflichtteil der Nachkommen wurde reduziert, weshalb dem Erblasser dadurch mehr Handlungsspielraum zukommt, um über seinen Nachlass zu verfügen. Die frei verfügbare Quote beträgt in dieser Konstellation neu 1/2 statt 3/8 des Nachlasses.

Verlust des Pflichtteils während einem hängigen Scheidungsverfahren

Bisher waren Ehegatten so lange erbberechtigt, bis das Ehescheidungsurteil rechtskräftig geworden ist. Dies hatte zur Folge, dass im Falle des Versterbens eines Ehegatten während eines hängigen Scheidungsverfahren der überlebende Noch-Ehegatte voll erbberechtigt und auch pflichtteilsgeschützt bleib. Dies galt selbst für den Fall, dass ein Ehegatte zwar nach Eröffnung des Scheidungsurteils aber noch vor Ablauf der Rechtsmittelfrist verstarb. Es ist davon auszugehen, dass sofern Ehepartner sich in einem Scheidungsverfahren befinden, sie den jeweils anderen nicht auch noch nach dem Tod begünstigen wollen. Darauf hat der Gesetzgeber reagiert. Ab dem 01.01.2023 entfällt der Pflichtteil des Noch-Ehegatten, sofern sich die Ehegatten in einem Scheidungsverfahren auf gemeinsames Begehren oder in einem Scheidungsverfahren nach zweijähriger Trennung zum Zeitpunkt des Todes befinden. Die Noch-Ehegatten haben daher die Möglichkeit während einem hängigen Scheidungsverfahren testamentarisch den Noch-Ehegatten von der Erbfolge auszuschliessen. Hierfür müssen jedoch die Ehegatten selbst aktiv werden und eine entsprechende Regelung in einer Verfügung von Todes wegen vorsehen.

Möchtest du wissen was die Änderungen für dich bedeuten? Wir beraten dich gerne - buche einfach einen Termin mit deinem Caveo-Finanzplaner. 

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